Bericht 40.“Tag der Bustouristik“
Neue Normalität – zurück in die Zukunft
Start in die neue Touristiksaison und eine neue, andere Normalität der Busreise
Wie die Bus- und Gruppentouristik ihre bisherige Marktpräsenz in die Zukunft projizieren und Krisen trotzen kann untersuchte eine branchenübergreifende Expertenrunde. Über 170 Bustouristiker, Gruppenreiseveranstalter, Brancheninsider. und Partner der bustouristischen Wertschöpfungskette brachten sich in den kollegialen Austausch ein und diskutierten lebhaft über Wege in die neue Normalität: nach der Pandemie und angesichts der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs.
- Bustouristik in den Recovery Programmen der Zielgebiete.
- Wo sind Reisebusse wieder willkommen?
- Perspektiven der Busunternehmer – welche Angebote ziehen nach der Krise?
- Alternativen der Tourismuswirtschaft vor Ort für die Gruppentouristik.
- Frisches Geld zur Finanzierung des Re-Starts.
- Ukraine Krieg strahlt nicht nur auf Gruppenreisen nach Osteuropa und Zentralasien aus.
- Blick über den nationalen Tellerrand: Herausforderungen und Chancen in Europa, Innovationen rund um die Busreise etc..
Karl-Reinhard Wissmüller, Vorsitzender des Landesverband Hessischer Omnibusunternehmen LHO schloß mit seiner Ansprache den Kreis zum ersten „Tag der Bustouristik“, dessen Schirmherrschaft 1982 der LHO übernommen hatte. Mit der Bedeutung der Bustouristik als Wirtschaftsfaktor begründete der LHO Vorsitzende politische Forderungen des Omnibusgewerbes. In den Städten und Kommunen wünschte er sich freie Fahrt für Reisebusse zu den Sehenswürdigkeiten. Christiane Hinninger, Stadträtin und Wirtschaftsdezernentin der Stadt Wiesbaden betonte in ihrer Grußrede die Relevanz der Busreisegäste für die hessische Landeshauptstadt und vice versa deren Attraktivität für die Bustouristik. Mit Blick auf die diesbezüglichen Anregungen von Wissmüller sicherte sie zu, die Situation der Haltestellen für Reisebusse zu überprüfen.
Busreisen sind besonders, denn der Weg ist das Ziel. Und der Reisebus ist das Medium, Reiseträume wahr werden zu lassen. Die zentrale Rolle dieses besonderen Reiseverkehrsmittels beleuchtete Vincent Dewaele, General Manager der BUSWORLD International in seinem Impulsreferat. Diese weltweit durchgeführten Messen zeigen nicht nur Hightechnology rund um den Bus als Klimaweltmeister, sondern generieren Erkenntnisse zur Nachhaltigkeit des Busses.
Im Drehbuch des 40.“Tag der Bustouristik“ ließ Dieter Gauf, den Roten Faden ablaufen, der sich seit 40 Jahren durch diese Tagungsserie zieht: Aufgreifen brisanter und grundsätzlicher Fragestellungen durch profilierte, streitbare Experten. Dabei ist die Unabhängigkeit dieser Branchenplattform Voraussetzung für deren Streitkultur. Gauf, Spiritus rector des „Tag der Bustouristik“ reflektierte über die Impulse, die dabei gesetzt wurden und auch teilweise kontroverse Themen, die heute noch wirken. Er dankte dabei mehreren Fachleuten, die sich in die Debatten und Problemlösungen eingebracht hatten. Zurück in die Zukunft: Um auf Erprobtem aufzubauen, ist es wichtig Ursachen des Ist-Zustandes zu kennen.
Mit aktuellen Aufschlüssen zum Reiseverhalten in Zeiten von Covid und Ukrainekrieg sowie über Marktforschungserkenntnisse zum Reiseverhalten nach Krisen, lieferte er Grundlagen für die darauffolgende Expertenrunde.
Johannes Hübner, der Branche als Sicherheitsexperte und Moderator bekannt, übernahm die Leitung der spannenden Debatte im Format Themen – Thesen – Zwischenrufe. Experten beleuchteten das Thema Neue Normalität nach der Pandemie und angesichts der Auswirkungen des Ukrainekriegs aus verschiedenen Blickwinkeln:
Welche Rolle spielt die Bus- und Gruppentouristik in den Recovery-Programmen der Zielgebiete? Sind die Destinationen bereit für den Restart? Wo sind Reisebusse wieder willkommen oder droht in manchen Locations nach dem Lockdown ein Lockout in Folge von Maßnahmen gegen Overtourism? Diesen und anderen brennenden Fragen stellte sich Romeo Draghicchio, Vorstand des Corps Touristique CT und Direktor der Kroatischen Zentrale für Tourismus. Einerseits vertrat er dabei das CT als Interessengemeinschaft der ausländischen Touristboards, mithin den Inspiratoren der weltweiten Tourismus Vielfalt. Andererseits konnte er im Speziellen aus Erkenntnissen des beliebten Busreiselandes Kroatien schöpfen. Offensichtlich existieren Disparitäten in den verschiedenen Destinationen im Spagat zwischen Öffnung und Lockdown. Aus dem Plenum brachte sich dazu Karine Lober, Direktorin von Atout France, dem französischen Touristboard in Deutschland und Polen, ein. Sie erläuterte Beispiele, mit denen Regionen der „Grande Nation“ Geschäfte mit der Bus- und Gruppentouristik ankurbeln wollen.
Martin Michel, Geschäftsführer von Wiesbaden Congress & Marketing GmbH stellte dem eine deutsche Alternative gegenüber. „Kirchturmdenken hat keine Zukunft – Destination Wiesbaden Rheingau – ein Bestpractice für die Gruppentouristik“ lautete sein Diskussionsbeitrag. Die neue Kooperation „2023 – Wiesbaden im Rheingau“ bietet den Bus- und Gruppenreiseveranstaltern eine One-shop Ansprechstelle für Anfragen zu Angeboten beider renommierter Destinationen am Rhein. Michel setzt dabei auf Nachhaltigkeit. Ein interessanter Ansatz für Busreiseunternehmen, immerhin stehen dafür sechsstellige Fördermittel des Landes in Aussicht.
Sean Taggart, Director der European Tourism Association ETOA und Schirmherr des “Tag der Bustouristik“, steuerte Perspektiven der internationalen Tourismuswirtschaft bei, z.B. über die zu erwartenden globalen Urlauberströme und wie die Coachoperator und Serviceprovider für den Restart aufgestellt sind. Dabei erläuterte er auch Erkenntnisse aus den ETOA Workshops zum Einkaufsverhalten und zur Konditionenpolitik. Für den europäischen Verband mit britischen Wurzeln stellte Taggart auch das Brexit in den Fokus, das in der aktuellen Situation etwas aus dem Blickfeld geraten ist. Dabei hat es erhebliche Auswirkungen auf die globale Reiseveranstaltung über Großbritannien in die EU. Beispielsweise durch die neue europäische Margenbesteuerung sowie die Einreisebedingungen aus dem Vereinigten Königreich in die EU. Die Abwanderung von Personal aus der Tourismuswirtschaft sieht er als gravierende Wachstumsbremse. Insbesondere durch den Braindrain qualifizierter Mitarbeiter. Übrigens: Taggart ist auch mit TourEasy der erste Klimaneutrale Coachoperator in UK.
In 85 Jahren hat der Omnibusbetrieb Philippi bereits vielen Krisen getrotzt. Mark Philippi, Busunternehmer in dritter Generation und zudem LHO Vorstandsmitglied setzte sich mit den Perspektiven der Busunternehmen nach den Krisen auseinander. Wichtig sei es, das Vertrauen der Kunden erneut zu gewinnen und deren neue Reisebedürfnisse zu wecken und zu befriedigen. Nachhaltigkeit im besonders umwelt- und klimafreundlichen Reisebus ist der Weg, denn Natur ist der neue Luxus.
Auch er sieht erhebliche Personalengpässe und Schulungsbedarf!
Der Krieg in der Ukraine strahlt gerade auch auf Destinationen von Gruppenreisen in Osteuropa und Zentralasien aus – Domänen mittelständischer Spezialisten – wie Jochen Szech, Inhaber von GO-EAST Reisen und Vorstandsmitglied der Allianz Selbständiger Reiseunternehmen ASR Bundesverband erklärte. Als Spezialreiseveranstalter für Reisen u.a. nach Osteuropa mußte er eine Zielregion komplett ersetzen. Bedauerlicherweise würden viele Kunden nicht nur Reisen in benachbarte Staaten meiden, sondern auch in eigentlich völlig unbetroffene Regionen. Er setzt auf die Adaption seines Knowhow bei der Durchführung solcher komplexer Reisen auf Angebote mit ähnlichen Attributen, wie in Albanien.
Spätestens wenn die staatlichen Hilfen ausgelaufen sind und eventuelle Rückzahlungen anstehen, benötigt die Bus- und Tourismuswirtschaft frisches Geld.
Dazu schaltete sich der Finanzexperte und Fachmann für Crowdinvestment Volker Schatten ein – in Vertretung des erkrankten Prof. Dr. Ralf Beck, u.a. Autor von „Brauchen wir noch Banken?“
Das Get-together am Vorabend des Branchenforum erwies sich erneut als geschätzte Plattform für den persönlichen Austausch und zum Netzwerken. 120 Gäste kamen bereits zum Kick-off in die Sektkellerei Henkell. Die Sektkellerei ist ein Programmbaustein der Erlebnisreisen und für Gruppen buchbar. Dort bereitete der VPR, Verband der Paketreiseveranstalter, den Tagungsteilnehmern eine besondere Überraschung: Gemeinsam mit Dieter Gauf und VPR Vorständen Maurice Masternak, Carsten Dreyer und Geschäftsführer Florian Gärtner schnitten sie eine Jubiläumstorte an. Bereits am Nachmittag hatten mehrere Bus- und Gruppentouristiker bei Stadt- und Museumsführungen das touristische Wiesbaden erkundet.
„Jetzt ist es wichtig: gemeinsam in die Zukunft zu schauen, auf Erprobtem aufzubauen und der Branche wieder Perspektiven aufzuzeigen – mithin zurück in die Zukunft“ so Dieter Gauf, Veranstalter des „Tag der Bustouristik“
Gauf lobte zudem die vorzügliche Unterstützung durch die Wiesbaden Congress & Marketing GmbH und resümiert: „Wir fühlten uns in Wiesbaden von Anfang an, auch was die Flexibilität hinsichtlich der Corona-Verschiebungen angeht, sehr gut betreut und danken den zahlreichen Partnern für die großartige Unterstützung. Das Kurhaus Wiesbaden war für unsere Veranstaltung eine repräsentative Location und zeigt eindrucksvoll, was der Standort zu bieten hat.“
Der 41. „Tag der Bustouristik“ findet am 15. Januar 2024 in Halle (Saale) statt.
Veranstalter: Dieter Gauf Projektleitung: Wolfgang Gauf
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Ihre Teilnahme am „Tag der Bustouristik“ ist ohne Tagungsgebühren.