Ein eindeutiges Ja! So die einhellige Meinung der rund 230 Teilnehmer auf die im Raum stehende Frage, ob Themenreisen eine Domäne der Bustouristik seien. Auch die Referenten kamen bei ihren Vorträgen zu dem gleichen Ergebnis.
Dieter Gauf: „Themen und Events bieten grenzenloses Potenzial für tausende Reiseangebote. Das Ankoppeln von Reiseveranstaltern an das Themenmarketing von Organisationen oder Destinationen sei besonders wirkungsvoll. Das Angebot spricht nicht alle an, thematisch interessierte Zielgruppen aber besonders. Themenreisen sind, wie Maßanfertigungen, das natürliche Geschäft der Mittelständler.“ Der Spezialisierungsaufwand müsse sich allerdings rechnen: durch replizieren von Planungs- und Ablaufmuster. Insbesondere sei aber auch der Eventzyklus wichtig zu beachten. Dauerevents und mehrjährige Veranstaltungen erfordern differenzierte Methoden. Wie all dies gelinge, zeige das Beispiel der Passionsspiele in Oberammergau, die alle 10 Jahre veranstaltet werden.
„Begeisterung entscheidet – Geheimnisse der weltweit größten Geschichte im Themen- und Eventtourismus“, so der Titel des Impulsreferats von Gerhard Griebler und Walter Rutz, beide Geschäftsführer der Passionsspiele Oberammergau Vertriebs GmbH & Co. KG, die den leider wegen eines Verkehrsunfalls verhinderten Spielleiter Christian Stückl vertraten. Griebler und Rutz leben ganz offensichtlich die Begeisterung, die seit 1634 ursächlich ist für den Erfolg dieses epochalen Ereignisses.
Die Passionsspiele sind ein hervorragendes Beispiel für Themenreisen mit weltweiter Nachfrage nach den begehrten Tickets und Paketen. Deren Vertrieb unterliegt alle 10 Jahre Veränderungen, insbesondere in Bezug auf Märkte, Methoden, Marketing. Und wer so lange am Markt ist, kann natürlich viel an Geschichten aber auch an Insiderwissen beitragen. Schon 1880 kam Thomas Cook aus Großbritannien mit über 5.000 Gästen und forderte von den damaligen Veranstaltern ein Theater, damit die Gäste nicht mehr unter freiem Himmel der ca. fünfstündigen Passion beiwohnen mussten. Und so kam es auch. Überhaupt haben in den letzten Jahrzehnten britische und amerikanische Gäste den Erfolg bestimmt. Zur nächsten Passion 2020 sollen das deutsche Publikum, aber auch deutsche Veranstalter mit gezielten Marketingmaßnahmen verstärkt angesprochen werden. Die internationalen Märkte werden demgegenüber stark kontingentiert.
Themen, Thesen, Zwischenrufe so der Titel des nächsten Teils der Tagung, den Johannes Hübner moderierte, bekannt in der Branche als Leiter der RDA-Sicherheitsinitiative RBI. Erstmals konnte das Plenum mit gelben und roten Karten unmittelbar in das Geschehen und den Vortrag eingreifen, wovon auch reichlich Gebrauch gemacht wurde.
Dr. Ulrich Basteck, Geschäftsführer des Busreiseveranstalters Wörlitz Tourist und RDA-Vizepräsident, nahm den Faden des Impulsreferats auf „Mit Themenreisen zum Erfolg – Ideen, die begeistern“ und eröffnete mit fünf Thesen den Knowhow- Austausch. „Ein gemeinsames Thema gibt Menschen in unserer zunehmend individualisierten aber zugleich auch globalisierten Welt eine Klammer, spannt Brücken und bringt Menschen zueinander“, so sein Plädoyer. Themenreisen seien aber auch wie Gold im Marketing. Zielgruppen können effizient definiert und differenziert bearbeitet werden. Wörlitz Tourist, stark bei Musikreisen, wirbt etwa gezielt auf den Tickets der Berliner Philharmoniker.
Die internationalen Perspektiven des Busunternehmers brachte der Schweizer Roger Kopf ein. Er ist Vorsitzender der Car Tourisme Suisse und Inhaber von Kopf Reisen AG. Eindrucksvoll schilderte Kopf eine achttägige Themenreisetour nach Dresden und Hamburg mit 31 Bussen und über 1.200 Teilnehmern, u.a. mit Besuch der Semperoper und der Elbphilharmonie. Kopf legte aber auch beispielhaft dar, dass in der Schweiz Auftragsfahrten etwa für Vereine, äußerst lukrativ seien und der Begriff des Lohnkutschers, wie er in Deutschland verwendet würde, unangebracht sei. Als weiteres Erfolgsrezept nannte er die Stammkundenpflege, motivierte Fahrer, eine hervorragende Organisation aber bspw. auch Headsets für alle Gäste an Bord.
Tina Behringer, Präsidentin des VPR, Internationaler Verband der Paketer, und Geschäftsführerin von Behringer Touristik, beschrieb die Funktion der „Paketreiseveranstalter als Ideengeber und Lieferanten der Touristik“. Behringer sieht eindeutig eine verstärkte Entwicklung zum Ver- bzw. Auslagern von Dienstleitungen. Hinzu käme, dass Paketer aktuelle Trends, etwa durch aktives Trendscouting, schneller erkennen und auch in Angebote umsetzen können. Last but not least würde die Leistungsabsicherung bspw. bei Konzertkarten, aber auch bei Hotel- und Kabinenkontingenten, immer wichtiger.
Jochen Szech, Präsident des Vereins zur Förderung des Tourismus nach Osteuropa und Zentralasien VTOA und Inhaber von Go East Reisen, stellte die „Seidenstraße“, auf der bereits Alexander der Große und Marco Polo nach Samarkant, Tashkent und in andere exotische Städte zogen, als besondere Themenreise und hervorragendes Best-Practice für themenorientierte kombinierte Bus-Flugreisen vor. Nicht zuletzt mit der „One-Belt One-Road“ Initiative Chinas entstünden entlang der historischen Route leistungsfähige Hotellerie und Infrastrukturen, die sich touristisch nutzen ließen. „Vorausgesetzt, man kennt sich aus oder arbeitet mit lokalen, verlässlichen Anbietern zusammen“, so Szech. „Doch nicht zur das Ziel ist entscheidend für den Erfolg einer Gruppenreise, sondern auch Zeit für Mehrwerte zu schaffen und individuellen Freiraum in der Gruppe zu bieten.“
„Welterbestätten adeln Themenreisen“ lautete der Beitrag von Claudia Schwarz, Vorsitzende der UNESCO-Welterbestätten Deutschland e.V. „Welterbestätten sind einzigartig, einfach Geschichte voller Leben“, so Schwarz, „wirken aber ebenso international integrativ und auch für die Bewohner.“ Die Strahlkraft dieses Prädikats sei besonders wertvoll in der Werbung und argumentativ im Vereinsreisegeschäft. „Welterbe inspiriert“, erörterte Schwarz. Im Kreise der RDA-Mitglieder sucht sie nach weiteren Begeisterten, die im Rahmen einer Roadshow diese Inspiration an potenzielle Gäste weitergeben wollen.
In vielen Tagungen redet man über Kunden und deren Verhalten und Bedürfnisse, diesmal kamen sie zu Wort. Daniela Topp-Burghardt, Vorsitzende des Ring Europäischer Frauen e.V., erörterte, was für sie eine gelungene Gruppenreise, wie sie sie jährlich für ihren Kreis organisiert, ausmacht. Zentral gelegene individuelle Hotels seien ihrer Gruppe wichtig, ebenso wie Begegnungen zu dem Thema Europa. So zählt für sie nicht das allgemeine Potpourri der Sehenswürdigkeiten, sondern den Bedürfnissen ihrer Mitglieder entsprechend, stehe Europa in all seinen Facetten im Mittelpunkt.
Dieter Gauf, Spiritus Rector des „Tag der Bustouristik“, lobte im Anschluss an die Veranstaltung die tolle Kulisse und Atmosphäre des Saarbrücker Schlosses und bedankte sich bei allen Beteiligten für die herzliche und hervorragende Unterstützung, insbesondere bei Birgit Grauvogel, Geschäftsführerin der Tourismus Zentrale Saarland, stellvertretend für das gesamte Team der TZS. Bereits beim Get-together am Vorabend in der Welterbestätte Völklinger Hütte konnten die Tagungsteilnehmer die regionale Küche des Saarlandes genießen. Getreu dem Untertitel der Tagung: „Themenreisen – mit ausgewählten Zutaten zu köstlichen Reiseerlebnissen.“